20.12.2010

Global Wage Report 2010: Langsames Lohnwachstum erhöht Armutsrisiko

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat den „Global Wage Report 2010“ veröffentlicht. Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich das Wachstum der Löhne weltweit deutlich abgeschwächt. In manchen Ländern wurden sogar Lohnkürzungen verzeichnet. Die ILO sieht Kollektivverhandlungen und Mindestlöhne als geeignete Mittel, um den Anteil der Arbeitnehmer mit Niedriglöhnen zu verringern.


Die ILO verzeichnet im „Global Wage Report 2010“ die deutlichen Auswirkungen der Krise auf Beschäftigung. So gab es einen Anstieg der weltweiten Arbeitslosen auf einen Rekordstand von 210 Millionen Menschen. Die Statistiken über 115 Länder der Welt zeigen auch eine Halbierung des Lohnwachstums von 2,8 Prozent im Jahr 2007 vor der Krise, auf 1,5 Prozent im Krisenjahr 2008. Die Daten Chinas sind in diesen Zahlen enthalten, obwohl dort nur Lohnstatistiken „städtischer Einheiten“ erfasst werden. Klammert man diese Zahlen aus, sank das Reallohnwachstum von 2,2 Prozent 2007, auf 0,8 Prozent 2008. Im Jahr 2009 gab es sogar effektiv in mehr als 20 Ländern Lohnkürzungen.

Die Daten veranschaulichen, dass die weltweite Wirtschaftskrise in steigender Arbeitslosigkeit resultiert. Sie führt aber auch für Menschen mit Arbeit zu einer spürbaren Verschlechterung der Lohnbedingungen. Diese Entwicklung zeigt sich vor allem im informellen Sektor, also einfachen Dienstleistungen und lokalen Märkten, welche nicht durch Arbeitsverträge in den offiziellen Statistiken auftauchen. Der informelle Sektor macht in Entwicklungsländern einen großen Teil der Arbeitsverhältnisse aus. Laut „Global Wage Report 2010“ arbeitet ein Drittel der Menschen in diesem Sektor für Niedriglöhne, dies sind Löhne, die weniger als 66 Prozent des mittleren Lohns eines Landes betragen. Auffallend häufig spielt Diskriminierung eine Rolle. Schlecht bezahlte Arbeitnehmer sind in der Regel jung, überproportional oft weiblich und gehören häufiger einer benachteiligten ethnischen Minderheit an oder sind Migranten.

Gerade die Arbeit im informellen Sektor birgt größte Armutsrisiken. Die ILO empfiehlt in ihrem Bericht als Mittel gegen Niedriglöhne die Einführung von Mindestlöhnen und Arbeitsmarktreformen, die auf den Niedriglohnbereich zielen. Arbeitsmarkt und Sozialstaat müssten ein kohärentes System bilden, um den ärmsten Haushalten ein Mindesteinkommen zu sichern, laut „Global Wage Report 2010“. Dabei gibt es auch Ideen zu weitreichenderen Initiativen.

„Ein entscheidende Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Armen brächte der Social Protection Floor“, sagte Dr. Renée Ernst, Leiterin der UN-Millenniumskampagne Deutschland. „Damit würden grundlegende soziale Garantien gegeben und ein Mindesteinkommen für die Ärmsten der Welt gesichert. Um Armut effektiv zu bekämpfen, muss Arbeit auch fair entlohnt werden.“, betonte Ernst. An dem langsamen Lohnwachstum litten vor allem Menschen, die für die Krise nicht verantwortlich seien.

Der Social Protection Floor beruht auf einer Initiative der Internationalen Arbeitsorganisation. Mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung sind heute Risiken wie Unfällen oder Krankheit ungeschützt ausgeliefert. Der Social Protection Floor würde grundlegende soziale Dienste bereit stellen: Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorgung und Bildungseinrichtungen. Transferzahlungen könnten Mindesteinkommen für Arme gewährleisten. Die so geschaffene soziale Stabilität würde dem Kampf gegen Armut, dem ersten Millenniumsziel, zu Gute kommen.

Relevante Informationen: