13.05.2009

OECD-Bericht: Krise trifft die Ärmsten Afrikas

?Wirtschaftsexperten hatten lange angenommen, Afrika könne die Finanzkrise relativ unbeschadet überstehen. Wir sehen jetzt: Das ist nicht der Fall,? erklärt Johannes Jütting, Entwicklungsexperte der OECD, anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen Wirtschaftsausblicks für Afrika. Selten waren die Zahlen so ernüchternd: Nach fünf Jahren kräftigen Wachstums rechnet die OECD mit einem "brutalen Absacken" der afrikanischen Konjunktur.


?Viele Menschen werden in die Armut gedrängt,? heißt es in dem Bericht, den die OECD vergangenen Montag gemeinsam mit der Afrikanischen Entwicklungsbank und der UN-Wirtschaftskommission für Afrika vorstellte. Denn die weltweite Krise trifft diejenigen am stärksten, die am wenigsten zum Scheitern der Finanzmärkte beigetragen haben: Die Wirtschaftsleistung Afrikas wird in diesem Jahr nur noch um 2,8 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr waren es noch 5,7 Prozent gewesen. Nach Angaben der Weltbank wird die Zahl der Hungernden somit sogar die Schwelle von einer Milliarde überschreiten.

Die schrittweise Einbindung der afrikanischen Staaten in die Weltwirtschaft habe ihre Verletzlichkeit gegenüber plötzlichen Rückgängen der Finanzflüsse erhöht, heißt es weiter in dem Bericht. So litten viele afrikanische Länder unter dem Zusammenbruch des Welthandels und den gesunkenen Preisen für Rohstoffe. Am Weltmarkt erzielen Bodenschätze derzeit nur einen Bruchteil der Preise, die sie vor einem Jahr einbrachten.

Außerdem werden nach Angaben der OECD 2009 die Überweisungen ausgewanderter Afrikaner an ihre daheimgebliebenen Familien deutlich niedriger ausfallen. Im Jahr 2008 hatten sie mit 20 Milliarden Euro noch ein ähnlich hohes Niveau erreicht wie die direkten Entwicklungshilfezahlungen.

Die OECD sieht in diesen Entwicklungen eine ernsthafte Gefahr für die politische Stabilität Afrikas. Bereits im vergangenen Jahr lag die Inflationsrate in 28 afrikanischen Ländern über zehn Prozent, gut drei Viertel der Menschen arbeiteten in Jobs ohne soziale Absicherung. Durch die Krise verschlimmert sich die Lage auf dem schwarzen Kontinent nun zusehends: ?Durch die steigende Arbeitslosigkeit drohen eine höhere Instabilität und möglicherweise Protestbewegungen, weil die Preise für Nahrungsmittel weiter hoch sind?, erklärt José Gijón, Leiter der Afrika-Nahost-Abteilung der OECD.

Bereits für 2010 erwartet die OECD für Afrika zwar wieder ein Wachstum von 4, 5 Prozent, die schnelle Erholung setzte jedoch nur unter wichtigen Voraussetzungen ein: Zum einen müsse sich der Welthandel stabilisieren und die Nachfrage nach Rohstoffen wieder größer werden. Zum anderen müssen die G8-Staaten ihr Versprechen von Heiligendamm einhalten, bis 2010 die Afrikahilfe auf 50 Milliarden US-Dollar zu verdoppeln.

Dr. Renee Ernst von der UN-Millenniumkampagne fordert außerdem, dass das Hilfspaket, das Anfang April in London von den G20-Staaten beschlossen wurde, wirksam eingesetzt wird: ?Die afrikanischen Staaten brauchen dringend finanzielle Unterstützung ? und zwar in Form von Zuschüssen!" Kredite würden über kurz oder lang nur in die nächste Schuldenkrise führen. Es sei die moralische Pflicht der Geberländer, diese Hilfe schnell zu gewährleisten. Denn ?schließlich sind die Entwicklungsländer unverschuldet in die Krise geraten. Wir müssen jetzt wirksam intervenieren, sonst werden die errungenen Fortschritte zunichte gemacht. Ländern, die bislang auf einem guten Weg waren, wären von Unruhen und erneuter Verarmung der Bevölkerung bedroht. Die Folgekosten wären dann um ein vielfaches höher."

 

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