22.04.2009

G8-Agrartreffen: Gegen den Hunger, für den Freihandel

Hohe Lebensmittelpreise führen weltweit zu immer gravierenderen Hungersituationen: Nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft ist die Zahl der Hungernden im vergangenen Jahr um 40 Millionen auf fast eine Milliarde gestiegen. Angesichts der verschärften Ernährungskrise haben die Agrarminister der G8-Staaten bei ihrem Gipfeltreffen in Italien deswegen gefordert, dass das Thema Welternährung bei zukünftigen G8-Treffen den gleichen Stellenwert erhalten soll wie der Klimaschutz und die Finanzkrise. Effektive Maßnahmen, um die Zahl der Hungernden zu senken, nannten die Minister auf ihrem zweitägigen Treffen, das gestern in Treviso endete, jedoch nicht.


 ?Die Sicherung der Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung ist eine der dringendsten politischen Aufgaben unserer Zeit?, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner auf dem Gipfeltreffen in Italien. Doch es ist die alte und schon längst nicht mehr bewährte Methode, die die G8-Staaten zur Lösung der Hungerkrise umsetzen wollen: Bis 2050 soll die Landwirtschaftsproduktion nach Meinung der G8-Agrarminister verdoppelt werden, um den Hunger in den Entwicklungsländern zu beseitigen.

?Die von den G8-Staaten geforderte Verdopplung der landwirtschaftlichen Produktion wird die Hungerkrise nicht beseitigen, wenn die strukturellen Ursachen ausgeblendet werden?, erklärt Bernhard Walter, Landwirtschaftsexperte der Nichtregierungsorganisation Brot für die Welt. So hat die Welternährungsorganisation im vergangenen Jahr rund 350 Millionen US-Dollar ausgegeben, um in 90 Entwicklungsländern Hochleistungssaatgut und Kunstdünger zu verteilen. Doch ?die Kleinbauern brauchen nicht nur Saatgut, sondern auch Zugang zu Land, Beratung, lokalen Absatzmärkten und sozialer Sicherheit?, erklärt Walter weiter. Eine nachhaltige Entwicklung sei der einzige Weg, um den globalen Hunger zu beseitigen.

Auch Dr. Renee Ernst von der UN-Millenniumkampagne sieht in der Steigerung der Lebensmittelproduktion keine alleinige Lösung, um die Hungerkrise in den Griff zu bekommen: ?Es werden ausreichend Nahrungsmittel weltweit produziert.  Aber viele Menschen auf der Welt leiden, weil sie daran nicht partizipieren und mit dem Einkommen aus eigener Arbeit sich und ihre Familien nicht ernähren können.? Eine Produktionsverdopplung reiche alleine folglich nicht aus, um die Hungerkrise wirksam zu bekämpfen.

So sei auch die Rivalität zwischen der Nutzung von Agrarflächen zur Produktion von Biokraftstoffen anstelle von Grundnahrungsmitteln ein Grund für die gravierenden Hungersituationen in den Entwicklungsländern. ?Ebenso zwingend ist es außerdem, das schädliche System der EU-Agrarexportsubventionen schnellstens zu reformieren, da die Landwirte in den Entwicklungsländern nicht mit unseren durch Subventionen künstlich verbilligten Nahrungsmitteln konkurrieren können?, so Ernst weiter.

Auf dem Treffen der G8 blieb es bezüglich dieser Themen jedoch still?  vielmehr verpflichteten sich die Minister in ihrem Abschlussdokument dazu ?die Globalisierung und Öffnung der Märkte zu unterstützen und jeden Protektionismus abzulehnen.? Betont wurde hierbei jedoch auch die ?Wichtigkeit internationaler Regeln für den Agrarmarkt.? Weitere Zielsetzungen des Abschlusspapiers betreffen zudem die Investitionen in die Forschung auf dem Gebiet der Agrar-Ernährungswissenschaft sowie eine bessere Verwaltung der Welternährungsreserven.

Das Gipfeltreffen, bei dem neben den Agrarministern der G8-Staaten auch die wirtschaftlich aufstrebenden Länder Brasilien, China, Indien, Südafrika und Mexiko anwesend waren, galt als Vorbereitung für den nächsten G8-Gipfel,  der vom 8. bis 10. Juli in Italien stattfinden wird.


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