30.11.2009

Countdown Kopenhagen: Fragen und Antworten rund um den Weltklimagipfel

Sieben Tage vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen werden die Zweifel immer größer, dass in Kopenhagen ein abschließendes Klimaabkommen beschlossen wird. Dabei sprechen die Zahlen für sich: Durch den Klimawandel sind bereits heute jedes Jahr rund 250 Millionen Menschen betroffen. Dürreperioden, Überschwemmungen und Hungersnöte sind also keine Seltenheit mehr, sondern besonders in den Ländern des Südens traurige Realität. Die UN-Millenniumkampagne beantwortet im Folgenden die wichtigsten Fragen rund um den Weltklimagipfel.


Was passiert in Kopenhagen?

Vom 7. bis 18. Dezember treffen sich die Staats- und Regierungschefs der wirtschaftlich stärksten Industrie- und Schwellenländer in Kopenhagen, um eine Nachfolgeregelung für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu beschließen. Das neue Abkommen gilt dann bis 2020. Seit Monaten gibt es bereits klimapolitische Vorverhandlungen, die einen Erfolg in der dänischen Hauptstadt unterstützen sollen. Trotzdem sind die Aussichten düster: Gestritten wird insbesondere über die Senkung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2), das maßgeblich Ursache der Erderwärmung ist. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in der Dritten Welt, welche hauptsächlich von den Industrie- und Schwellenländern getragen werden sollen.

Welche sind die Hauptakteure?

Die Klimaverhandlungen laufen zwar unter dem Dach der Vereinten Nationen ?eingeladen sind also alle 192 UN-Mitgliedsstaaten?, entscheidend sind jedoch die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Zu ihr gehören auch die wirtschaftlich aufstrebendenSchwellenländer wie China, Mexiko, Indien und Brasilien. Bundeskanzlerin Angela Merkel macht den Klimagipfel für Deutschland zur Chefsache und reist in den letzten Verhandlungstagen selbst in die dänische Hauptstadt. Auch Präsident Barack Obama wird persönlich am Klimagipfel teilnehmen, um den klimapolitischen Standpunkt der USA zu vertreten. Chinas Regierungschef Wen Jiabao kündigte vergangene Woche seine Teilnahme am Klimagipfel an. Die EU-Staaten werden von der Europäischen Kommission und Schweden repräsentiert, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat.

Was ist der aktuelle Stand der Dinge?

Bereits im August einigten sich die 192 Mitgliedstaaten der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) auf der dritten informellen Klimakonferenz in Bonn auf ein ehrgeiziges Klimaziel: Bis 2050 will die Staatengemeinschaft den Treibhausgas-Ausstoß um 80 Prozent senken. Streit gibt es jedoch nach wie vor um die bindenden mittelfristigen Ziele bis 2020. China zum Beispiel hielt sich lange bedeckt, vergangene Woche zeigte die chinesische Regierung nun aber guten Willen und verkündete erstmalig konkrete Ziele für die Reduzierung seiner klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhuabis will die chinesische Regierung bis 2020 die Treibhausgase um 40 bis 45 Prozent im Vergleich zu 2005 senken. Die USA kündigten vergangene Woche ebenfalls eine Verringerung der US-Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 17 Prozent im Vergleich zu 2005 an. Die EU hat zudem beschlossen, ihren Ausstoß bis 2020 um ein Fünftel zu senken. Bezüglich des globalen Finanzbedarfs für Klimamaßnahmen in Entwicklungsländern gibt es bisher keine Einigung. Fest steht lediglich die Forderung der Afrikanischen Union: Sie fordert jährliche 67 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung des Klimawandels.

Warum ist ein Erfolg in Kopenhagen aus entwicklungspolitischer Sicht so wichtig?

Eins ist gewiss: Das Ausmaß des Klimawandels wird mit darüber entscheiden, ob die UN-Millenniumsziele bis 2015 erreicht werden. Zwar sind die Industrienationen die Hauptverursacher des Klimawandels ? sie sind für etwa 75 Prozent Treibhausgasemissionen verantwortlich?, die Hauptleidtragenden sind jedoch die Länder des Südens. Die Verletzbarkeit vieler Entwicklungsländer erklärt sich vor allem daraus, dass sie landwirtschaftlich strukturierte Länder sind und demnach besonders von klimabedingten Naturkatastrophen betroffen werden. In vielen afrikanischen Staaten leben bis heute 70 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft.

Extreme Wetterereignisse wirken sich also insbesondere schädlich auf die Umsetzung des ersten Millenniumsziel (MDG 1) aus: Die Bekämpfung des extremen Hungers kann keine Fortschritte machen, wenn Ernten und Infrastrukturen durch Unwetter zerstört werden. Letzeres wirkt sich auch auf das zweite Millenniumsziel (MDG 2), die Verwirklichung der Primarschulbildung, aus. Infolge der Zerstörung von Schulgebäuden werden Schulbesuche verhindert, außerdem müssen viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen, da wichtige Ressourcen wie Wasser und Nahrung immer knapper werden.

Auch das dritte Millenniumsziel (MDG 3), die Stärkung der Rolle der Frau, wird von den Folgen des Klimawandels betroffen. Der Weltbevölkerungsbericht 2009 zeigt beispielsweise auf, dass Frauen am stärksten unter klimabedingten Ressourcenmangel zu leiden haben. Kommt es zu Dürren oder unregelmäßigen Regenfällen, müssen Frauen weit mehr Zeit und Energie aufwenden, um Nahrung, Wasser und Brennmaterial heranzuschaffen. ?Dieser Kreislauf aus Entbehrungen und Armut schwächt die Fähigkeit der Menschen, effektiv auf den Klimawandel zu reagieren", erklärt Bettina Maas vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen.

 

Auch die Umsetzung der gesundheitsbezogenen Millenniumsziele (MDG 4, MDG 5 und MDG 6) leidet unter der klimabedingten Verschlechterung der Ernährungssicherung sowie unter der abnehmenden Verfügbarkeit von Trinkwasser und Überschwemmungen. Krankheiten verbreiten sich nicht nur schneller, sondern können auch schwieriger geheilt werden.

 

Die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit (MDG 7) wird insbesondere durch die Gefährdung von Waldökosystemen, Regenwälder und Korallenriffen durch steigende Temperaturen und Niederschlagsrückgang behindert. Zudem zeichnet sich ein immer größer werdender Verlust an Süßwasser ab, welcher auf die Versalzung der Meere infolge des Meeresspiegelanstiegs zurückgeht.

 

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Erreichung der Millenniumentwicklungsziele ganz entscheidend vom Ausgang der Konferenz in Kopenhagen abhängt. Industrie- und Schwellenländer müssen sich auf ehrgeizige Klimaziele einigen und die notwendigen Klimaanpassungskosten für Entwicklungsländer aufbringen. Nur so kann ansatzweise etwas wie ?Klimagerechtigkeit? erreicht werden, diese wird von den Entwicklungsländern zu Recht von den Hauptverursachern des Klimawandels eingeklagt

 




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