18.10.2009

Stand Up 2009: ?Den Worten der Regierenden müssen endlich Taten folgen?

Dieses Wochenende steht ganz im Zeichen des Stand Ups. Doch was dieses globale Event wirklich bewirken kann und wie sich Interessierte auch noch nach dem weltweiten Aktionstag gegen Armut engagieren können, verrät die Beauftragte der deutschen UN-Millenniumkampagne, Dr. Reneé Ernst, in diesem Interview.


An diesem Wochenende stehen Millionen von Menschen gegen Armut und für die Millenniumsziele auf. Was genau fordert die UN-Millenniumkampagne im Rahmen des Stand Ups 2009 von den Regierenden?

?Nach einem neuen Bericht der FAO leidet jeder sechste Mensch an Hunger! Das ist ein alarmierender Rekordwert, der zeigt, wie sehr die Finanzkrise die Ärmsten dieser Welt trifft. Denn, obwohl die Entwicklungsländer diese Krise nicht verursacht haben, spüren sie die Auswirkungen am stärksten. Wir fordern von der neu gewählten Regierung deswegen nicht nur, dass sie die Umsetzung der Millenniumsziele (MDGs) in ihren Koalitionsvertrag aufnimmt, sondern, dass sie tatsächlich eine starke Koalition für die MDGs bildet. Immerhin hat unsere Bundesregierung die Millenniums-Erklärung im Jahr 2000 unterzeichnet. Wir haben noch sechs Jahre Zeit ? den Worten der Politiker müssen endlich Taten folgen!?


Sie sagen, die Krise trifft die Entwicklungsländer am stärksten. Was bedeutet das konkret?

? Die Krise hat sicherlich auch schlimme Folgen für die Industrieländer mit sich gebracht. Während in Deutschland Menschen arbeitslos werden, verhungern die Menschen in den Ländern des Südens schlichtweg. Durch die Krise ist in Afrika das Wirtschaftswachstum auf 2,8 Prozent gefallen; die Weltbank spricht von 80 Millionen Menschen, die aufgrund der Wirtschaftskrise in extreme Armut zurückfallen. Sie darf also auf keinen Fall eine Entschuldigung dafür sein, die Armutsbekämpfung auf der politischen Agenda noch weiter nach unten zu verschieben.?


Was müsste die Politik tun, um die Länder des Südens in diesen schweren Zeiten zu unterstützen?

?Die Staaten müssen zunächst ihre entwicklungspolitische Zusage, bis 2010 0,51 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben, dringend einhalten. Denn, wenn die finanziellen Mittel zur Rettung der Banken zur Verfügung stehen, dann müssen auch Mittel da sein, um den Entwicklungsländern zu helfen. Was schlichtweg fehlt ist der politische Wille, diese Gelder für die Rettung der Ärmsten einzusetzen. Zudem muss die EU endlich ihre schädlichen Agrarexortsubventionen abschaffen. Denn solange diese existieren, werden die Absatzmärkte der Kleinbauern weiterhin zerstört. Kein Kleinbauer in den Entwicklungsländern kann mit den Dumpingpreisen der reichen Länder konkurrieren. Die EU trägt also dazu bei, dass die Bauern Hunger leiden, obwohl sie selbst Lebensmittel produzieren.?


Was genau kann der Stand Up an diesen Umständen ändern?


?Durch den Stand Up setzt die Weltbevölkerung auf der einen Seite ein wichtiges Zeichen. Denn der Stand Up richtet sich ganz gezielt an die Staats- und Regierungschefs dieser Welt, um die Umsetzung der Millenniumsziele einzufordern. Die Menschen, die an diesem Wochenende aufstehen, engagieren sich das ganze Jahr über. Dass darf man nicht unterschätzen. Denn nur, wenn wir weiterhin Druck auf die Regierenden ausüben, haben die Ärmsten eine Chance gehört zu werden. Wir haben im letzten Jahr zudem Phantastisches in unseren Partnerländern erlebt. In einem kleinen Dorf in der Nähe von Neu Dehli hatten Menschen beispielsweise ein Schulzelt aufgebaut, um zu zeigen, dass sie ein Recht auf Schulbildung haben. Die Regierung geriet tatsächlich unter Druck und baute ein Schulgebäude, in dem nun regulär Unterricht stattfindet.?


Unabhängig vom Stand Up, wie können sich Menschen in Deutschland für die Erreichung der Millenniumsziele stark machen?


Indem sie Druck auf ihre Politiker ausüben und sie ganz gezielt auffordern, sich für die Millenniumsziele einzusetzen! Die deutsche Kampagne hat einen Leitfaden für Abgeordnete entwickelt, der neben Infos und aktuellen Zahlen auch Vorschläge enthält, was jeder Abgeordnete für die Verwirklichung der Millenniumsziele in seinem Wahlkreis tun kann. Denn viele Abgeordnete wissen gar nicht, wie sie sich konkret engagieren können. Außerdem bieten wir die Möglichkeit sich mittels E-cards hinter unsere politischen Forderungen zu stellen und diese an die Abgeordneten zu schicken. Unter dem Menüpunkt ?Mach mit? auf unserer Webseite www.un-kampagne.de zeigen wir zudem noch viele weitere Möglichkeiten, sich zu engagieren!