27.10.2010

Auswirkungen des Fleischkonsums: Was hat das Steak mit dem Regenwald zu tun?

Jeder Deutsche hat im vergangenen Jahr im Durchschnitt 60,5 Kilo Fleisch gegessen. Der Verzehr von Fleisch ist über die Jahre stetig gestiegen und nimmt weltweit zu. Die Auswirkungen auf die Umwelt und der enorme Einsatz von Ressourcen geraten damit zunehmend ins Blickfeld.


Seit 1960 hat sich der weltweite Fleischverzehr verfünffacht. Vorreiter im Fleischkonsum sind die westlichen Industriestaaten in Europa und Amerika. Doch mit zunehmendem Wohlstand holen Schwellenländer wie China und Indien rasant auf. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen wachsenden Einkommen einerseits und dem Verzehr von Fleisch, Milch und Eiern andererseits. Es wird daher angenommen, dass dieser Trend anhält. Die Produktion von Fleisch hat jedoch vielfältige Auswirkungen auf Klima, Flächenverbrauch und Nahrungsmittelpreise auf der ganzen Welt.

Was verursacht mehr Kohlendioxid-Emissionen - der weltweite Transportverkehr oder Tierhaltung und Fleischkonsum? 18 Prozent entfallen auf die Produktion von Fleisch und 13 Prozent des gesamten CO2-Ausstosses auf Autos, Schiffe und Flugzeuge, laut einer Studie der „Food and Agriculture Organization” (FAO) der Vereinten Nationen.

Ein Drittel der Erde wird heute landwirtschaftlich genutzt, der Großteil davon für die Tierhaltung. Rinder, Schafe und Ziegen verursachen 37 Prozent des weltweiten Methanausstoßes. Der Ausstoß von Treibhausgasen ist nur ein Teil des Problems, denn die Viehzucht beansprucht enorme Landmassen, unter anderem riesige Gebiete im Regenwald. So wird inzwischen mehr als die Hälfte des früheren Amazonaswaldes als Weidefläche genutzt.

Der Verzehr von Tierprodukten hat auch Einfluss auf den Hunger in der Welt. Für die Erzeugung von einem Kilo Fleisch werden bis zu 16 Kilo Getreide verfüttert und Tausende Liter Wasser verbraucht. Die Zunahme der Fleischproduktion hat sich in steigenden Preisen für Getreide weltweit bemerkbar gemacht. Die FAO schätzt, dass mehr Getreide an Tiere verfüttert wird, als Menschen selbst verzehren. Bei Soja sind es sogar 90 Prozent der Erträge, die im Futtertrog landen.

Das erste Millenniumsziel sieht vor bis 2015 den Anteil Hunger leidender Menschen zu halbieren. Das Ziel bleibt ehrgeizig, da immer noch fast eine Milliarde Menschen auf der Welt hungern müssen. Nach einer Schätzung von Jean Mayer, Ernährungswissenschaftler an der Harvard Universität, könnten 60 Millionen Menschen mit Getreide versorgt werden, wenn die globale Fleischproduktion nur um zehn Prozent sinken würde.

Der Verzehr von Fleisch beeinflusst auch weitere Millenniumsziele. Die Rodung von Wäldern zum Anbau von Futter und die direkte Tierhaltung verringern die Artenvielfalt. Pestizide werden eingesetzt, um in Monokulturen ohne Einbußen Soja anzubauen. Der Verlust an Waldfläche und der Ausstoß an Treibhausgasen wie CO2 und Methan schaden somit dem siebten Millenniumsziel der ökologischen Nachhaltigkeit.

Es zeigt sich, wie komplex die Verzweigungen und Auswirkungen des Fleischkonsums sind. Im Grunde gehe es darum zum Nachdenken anzuregen, sagt Dr. Renée Ernst, Leiterin der UN-Millenniumkampagne in Deutschland. „Niemand muss sich zwingen kein Fleisch mehr zu essen. Aber man sollte sich Gedanken darüber machen, wie viel Fleisch man verzehrt und zu welchen Bedingungen es produziert wird. Das Steak auf meinem Teller hat Auswirkungen auf die Getreidepreise in Afrika und die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien.”

Sobald viele Menschen ihr Verhalten ändern, kann dies spürbare Auswirkungen haben. Als erste Stadt in Deutschland hat Bremen beispielsweise den Donnerstag zum „Veggiday” erklärt. In Restaurants, Kantinen, Schulen und Kindergärten soll an diesem Tag auf Fleisch verzichtet werden. Die Aktion wird seit Januar von der Stadt Bremen offiziell unterstützt und seine Entwicklung von den Parteien in der Bremer Bürgerschaft mit Interesse verfolgt. Dr. Hans-Christoph Hoppensack, stellvertretender Vorsitzender der Bürgerstiftung Bremen, sagte zur Einführung des „Veggiday”, „Wir werfen einen Stein ins Wasser und hoffen, dass er viele Kreise zieht und das Bewusstsein schärft für das, was wir täglich auf dem Teller haben”.

 

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