07.05.2010

Deutschland an der Spitze der Subventionsmillionäre

Die Initiative „Farmsubsidy“ gab jetzt bekannt: EU-weit gab es 2009 rund 1.200 Empfänger, die jeweils mehr als eine Million Euro an Agrarsubventionen erhielten- der Großteil der Subventionsmillionäre kommt aus Deutschland.


Eigentlich sollte die Transparenzinitiative der Europäischen Kommission für jeden nachvollziehbar machen, wer in Europa Subventionen aus dem EU-Agrarfonds bekommt und wer nicht. Immerhin wurden letztes Jahr 55 Milliarden Euro für EU-Agrarsubventionen ausgegeben – das entspricht 40 Prozent des jährlichen EU-Budgets. Seit vergangenem Jahr ist jeder EU-Mitgliedsstaat deswegen verpflichtet, die Empfänger seiner Agrarsubventionen online zu veröffentlichen. Für die Subventionsempfänger 2009 war der Stichtag der 30. April. Die Veröffentlichungen der Empfängerlisten durch die EU-Mitgliedsstaaten sind laut der Initiative Farmsubsidy jedoch oftmals undurchsichtig und fehlerhaft. Die Organisation sammelt die Daten deshalb computergestützt zusammen und macht sie somit der Öffentlichkeit leicht zugänglich. 

Farmsubsidy rechnet damit, dass die Zahl der Subventionsmillionäre im vergangenen Jahr um ein Drittel gestiegen ist. Genau ließe sich das aber erst sagen, wenn alle Mitgliedsstaaten ihre Empfängerlisten veröffentlicht hätten. Während es 2008 noch 1040 Subventionsmillionäre gab, waren es im vergangenen Jahr über 1200. Die meisten kommen aus Deutschland: 268 Unternehmen, Einzelpersonen oder Gemeinden haben 2009 je mehr als eine Million Euro aus dem EU-Agrarfonds erhalten – zusammen über 622 Millionen Euro. Frankreich rangiert mit 174 Subventionsmillionären auf Platz zwei. Laut der Zahlen, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung veröffentlicht wurden, führt in Deutschland die Nordmilch AG die Empfängerliste mit 51 Millionen an. Der Spitzenreiter von 2008, die Südzucker AG, belegt mit 43 Millionen Euro diesmal nur Platz zwei. 

Im Transparenz-Ranking von Farmsubsidy liegt Deutschland mit einer „orangenen Karte“ im Mittelfeld der EU-Staaten. Rote Karten für extreme Intransparenz gab es für Österreich, Irland, Luxemburg, Portugal, Zypern, Griechenland, Italien, Malta, die Niederlande, die Slowakei und Großbritannien. Großbritannien verstößt sogar gegen das EU-Recht und hält seine Empfängerliste bis nach den Parlamentswahlen geheim. Offizielle Begründung des britischen Landwirtschaftsministeriums: Die Entscheidung sei mit Rücksicht auf die Kandidaten getroffen worden, die von EU-Agrargeldern profitieren. Dass es auch anders geht, zeigt hingegen Ungarn. Die Regierung stellt die Daten laut Farmsubsidy übersichtlich dar und bekam von der Initiative deswegen eine „grüne Karte“.  

Wie schon 2008, befinden sich Großkonzerne der Zuckerindustrie europaweit an den Spitzen der Empfängerlisten. Auch Unternehmen des milchverarbeitenden Gewerbes profitieren immens von den EU-Agrargeldern. Die Milchsubventionen waren vergangenes Jahr erneut eingeführt worden. Farmsubsidy brachte zudem eine Reihe skurriler Empfänger ans Licht, die mit der Landwirtschaft wenig zu tun haben: Darunter die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld in Bayern mit 45.000 Euro aus dem EU-Agrarfonds, ein dänischer Billiardclub , der 31.115 Euro erhalten hatte und ein schwedischer Akkordeonverein, der 59.585,10 Euro verbuchen konnte. 

Die Leiterin der UN-Millenniumkampagne, Dr. Renée Ernst, kritisiert die mangelnde Transparenz bei der Verteilung der EU-Agrarsubventionen und verweist auf die schlimmen Auswirkungen des Preis-Dumpings der EU: „EU-Agrarsubventionen rauben den Bauern in armen Ländern die Lebensgrundlage, da sie zum Import von Billigprodukten aus der EU führen. Und hier kommen sie vor allem Großbetrieben zugute. Die Steuerzahler haben ein Recht darauf, zu erfahren, wohin ihre Gelder fließen. Dass sich einzelne Mitgliedsstaaten nach wie vor zieren, ihre Empfängerlisten zu veröffentlichen, ist ein Indiz dafür, dass die Gelder nicht gerecht verteilt werden.“ Wenn im Jahr 2013 die Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik ansteht, sollten vor allem die Bedürfnisse der Entwicklungsländer berücksichtigt und eine kohärente Politik betrieben werden.


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