06.09.2010

Trotz Fortschritten: Krisen erschweren Erreichung der Millenniumsziele

Die nächste Zwischenbilanz zum Stand der Millenniumsziele (MDG) steht bevor: In drei Wochen treffen sich die Staats- und Regierungschefs in New York, um den bisherigen Umsetzungsstand der MDGs zu diskutieren. Kurz vor dem Gipfeltreffen veröffentlicht das Institut SÜDWIND eine Studie, die die Auswirkungen der drei großen Krisen - die Klimakrise, die Nahrungsmittelkrise und die Finanzmarktkrise - auf die Entwicklungsziele analysiert.


Die Studie des Instituts SÜDWIND mit dem Titel: "Wer soll das bezahlen? Klimakrise. Nahrungsmittelkrise. Finanzmarktkrise" wurde am vergangenen Mittwoch in Siegburg veröffentlicht. Der SÜDWIND-Studie zufolge stellen die Kosten, die für die Entwicklungsländer zur Anpassung und Abfederung der drei Krisen entstehen, eine ernsthafte Gefahr für die Erreichung der MDGs dar. Erschwerend kommt hinzu, dass alle drei Krisen besonders stark die Armen treffen, obwohl sie nicht zu deren Entstehen beigetragen haben. Die Autorin der Studie, Irene Knoke, betont deswegen, dass „die Kosten der Krisen von den Verursachern der Krisen getragen werden müssen, nicht von den Ländern des Südens.“

Beispiel: Klimawandel. Die globale Erderwärmung ist für die meisten Entwicklungsländer mit hohen Anpassungskosten verbunden. Und obwohl die Länder des Südens so gut wie nichts zum Klimawandel beigetragen haben, werden sie für überlebenswichtige Anpassungsstrategien jährlich 50 bis 100 Milliarden US-Dollar benötigen. Denn die Entwicklungsländer sind besonders verwundbar: Sie sind stark von solchen Sektoren abhängig, die dem Klimawandel besonders ausgesetzt sind - wie die Landwirtschaft oder die Fischerei. In Afrika beispielsweise trägt die Landwirtschaft laut der Studie etwa 21 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung bei, im Einzelfall sogar weit über 50 Prozent. Eine rasch wachsende Bevölkerung übt zusätzlichen Druck auf die Boden- und Wasservorräte aus.

Obwohl die Preise nach dem Ausbruch der Finanzmarktkrise für die meisten Agrarprodukte deutlich gefallen sind, liegen sie laut der SÜDWIND-Studie noch immer deutlich über dem Niveau der vorangegangenen Jahre. Die Studie betont, dass der Preisanstieg für Nahrungsmittel und Rohstoffe in vielen Ländern den Staatshaushalt stark belastet hat - teilweise mussten zur Deckung der Importe neue Kredite aufgenommen werden. Um die Produktion in den Entwicklungsländern wieder rentabel zu machen, müssen in erster Linie „die Subventionen der Industrienationen sukzessive zurückgefahren werden.“ Nur auf diesem Weg sei die einheimische Produktion wieder rentabel und eine faire Integration der Entwicklungsländer in den Weltmarkt möglich.

Als Hauptverursacher der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise steht der Norden laut SÜDWIND auch hier in der Pflicht, die armen Länder nicht auf ihren Kosten sitzen zu lassen und gleichzeitig seine internationale Verpflichtung zur Armuts- und Hungerbekämpfung einzuhalten. „Wir fordern den Mut der Politik, bereits diskutierte oder existierende Finanzierungsinstrumente - wie die Finanztransaktionssteuer - umzusetzen, auszuweiten und in den Dienst der Armutsbekämpfung und Klimafinanzierung zu stellen“, erklärt Knoke von SÜDWIND.

Auch Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne begrüßt die Einführung innovativer Finanzierungsinstrumente. Doch sei es notwendig sicherzustellen, dass der Erlös auch tatsächlich bei den Ärmsten ankäme und nicht im Nachgang dazu diene andere Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen. „Es kann nicht sein, dass die reichen Nationen die armen Länder mit den Folgen der von ihnen verursachten Krisen im Stich lassen. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine Frage der Glaubwürdigkeit,“ betont Ernst.

 

Relevante Informationen: 

  • Hier ist die SÜDWIND-Studie einsehbar