14.09.2009

TV-Kanzlerduell: Ärmste Länder der Welt übergangen

Die Höhe der Managergehälter, die Einführung des Mindestlohns oder der Ausstieg aus der Atomenergie: Im gestrigen Fernseh-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Herausforderer Frank-Walter Steinmeier (SPD) wurden wichtige innenpolitische Themen angesprochen. Doch die Fernsehzuschauer warteten 90 Minuten vergebens auf eine Frage zu den entwicklungspolitischen Konzepten der beiden Spitzenparteien. Dabei ist Entwicklungspolitik für viele Deutsche ein entscheidendes Wahlkriterium. Mehr als 6800 Menschen unterschrieben vor dem Kanzlerduell die Online-Petition von der UN-Millenniumkampagne, Deine Stimme gegen Armut und ONE. Ihre Bitte an die Moderatoren: Eine Frage zum zukünftigen Umgang der Kanzlerkandidaten mit globaler Armut.


Es war 90 Minuten lang kein Thema: Das Moderatoren-Quartett Peter Kloeppel, Peter Limbourg, Maybrit Illner und Frank Plasberg sparte das Thema Entwicklungspolitik gestern Abend gänzlich aus.

?Wir haben den Sendern unser Anliegen kommuniziert und mitgeteilt, dass 6885 Unterstützer gefordert haben, eine Frage zu Entwicklungspolitik zu stellen?, erklärt Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne. ?Wir bedauern sehr, dass dieses wichtige Thema nicht aufgegriffen wurde."

Gelegenheit, die beiden Kanzlerkandidaten zu ihren entwicklungspolitischen Konzepten zu befragen, hatten Illner und Co. zweifelsfrei: Immer wieder kam das Moderatoren-Gespann auf die Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise zu sprechen. ?Der Fokus lag hierbei jedoch ganz klar auf Deutschland?, sagt Ernst. Dabei sei es gerade bei diesem Thema wichtig, auch auf die katastrophale Folgen für die Entwicklungsländer hinzuweisen.

So hat die Zahl der Hungernden in diesem Jahr erstmals eine Milliarde überschritten. Doch statt zu helfen, drosseln die Industrienationen aufgrund der Finanzkrise ihre Hilfsgelder für arme Länder. Aus einer aktuellen Studie des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) geht hervor, dass die Auswirkungen der Krise nicht mehr nur die Ärmsten der Armen trifft, sondern auch eine ganz neue Gruppe von Menschen in Armut stürzt: ungelernte Arbeiter im städtischen Raum sowie Arbeiter im Exportsektor, im Bergbau und im Tourismus. Die Ursachen hierfür sind neben den rückläufigen Auslandsüberweisungen die steigende Arbeitslosigkeit sowie sinkende Exporterlöse und Investitionen.

?Wenn unsere beiden Spitzenkandidaten die Krise in der neuen Legislaturperiode wirklich in den Griff bekommen wollen, dürfen sie die Bedürfnisse und Nöte der Entwicklungsländer nicht weiter ignorieren?, unterstreicht Ernst.

 

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