21.10.2010

UN-Konferenz zur Artenvielfalt: Die Uhr tickt

In der japanischen Stadt Nagoya hat am Montag die zehnte UN-Konferenz zur Wahrung der biologischen Vielfalt begonnen. In den folgenden zwölf Tagen wird dort eine internationale Strategie für die Erhaltung der Artenvielfalt verhandelt. Zugleich stehen die Entwicklungen seit der letzten Konferenz in Bonn im Jahr 2008 zur Diskussion. Aktuelle Studien zeichnen ein bitteres Bild der bisherigen Bemühungen. Das Sterben von Tier- und Pflanzenarten hat sich demnach beschleunigt.


Das siebte UN-Millenniumsziel fordert dazu auf, Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in der Politik der Einzelstaaten zu verankern und den Verlust der Biodiversität bis 2010 deutlich einzugrenzen. Bis heute ist es nicht einem Einzigen der beteiligten Staaten gelungen, dieses Ziel zu erreichen. Die entscheidenden Weichen gegen diesen Trend können bei der UN-Konferenz in Nagoya gestellt werden. Eine gemeinsame Strategie von 2011 bis 2020 wird dort verhandelt, um mittel- und langfristig die Artenvielfalt auf der Erde zu erhalten.

 

Der Schutz von Land- und Meeresflächen der Erde ist ein zentrales Thema. Deren Erhaltung und der Schutz der Artenvielfalt hat eine besondere Bedeutung für eine Milliarde Menschen, die in Armut leben, denn Natur ist für sie Lebensraum und Lebensgrundlage.

Doch statt der vereinbarten zehn ist bisher nur ein Prozent der weltweiten Meeresfläche geschützt. Die Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten werden zunehmend durch Globalisierung und Klimawandel geschädigt. Die Organisation “Internationale Union für die Bewahrung der Natur” veröffentlicht aktuelle Daten dieser Entwicklung: 70 Prozent aller Pflanzenarten und 22 Prozent aller Säugetiere sind bedroht. Die Situation von Fischen, Amphibien und Vögeln ist weltweit kritisch.

 

Das für 2010 ausgerufene Jahr der Biodiversität hat die Entwicklung nicht positiv beeinflussen können. Das Artensterben nimmt Ausmaße an, die seit dem Aussterben der Dinosaurier nicht erreicht wurden. Es ist völlig unklar, welche Auswirkungen das Sterben einzelner Arten auf das gesamte Ökosystem haben wird. Achim Steiner, Leiter des UN Umwelt Programms, sagt, „Viele internationale Konferenzen sind wichtig – aber diese ist vielleicht die Wichtigste, an der wir jemals teilnehmen werden.” Er fordert dazu auf,  „Die tickende Uhr in Nagoya zurückzustellen und mutige und konkrete Ziele zu fassen.”

 

Der Graben in den Verhandlungen verläuft vorwiegend zwischen den Entwicklungsländern und Industriestaaten. Generell ist die Biodiversität vor allem in Regionen der weniger entwickelten Südhalbkugel hoch. In diesem Zusammenhang wird über den Zugang und die Verteilung von Gewinnen aus Biodiversität diskutiert. Internationale Pharmakonzerne entwickeln beispielsweise Medikamente aus seltenen exotischen Pflanzen. Zum jetzigen Zeitpunkt hat diese Biopiraterie keinen rechtlichen Rahmen. Ein möglicher Beschluss würde vorsehen, dass das Herkunftsland dieser Pflanzen an den Gewinnen der Firma beteiligt wird, um einen Ausgleich zu schaffen.

Wenn die  Industrienationen die biologische  Vielfalt einerseits zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil nutzen, haben sie andererseits eine große Verantwortung für deren Bedrohung.  Dr. Renée Ernst, Leiterin der UN-Millenniumkampagne in Deutschland, sagt, “Die Staatengemeinschaft muss schnell und entschieden handeln. Ein erster Schritt wäre die Einrichtung eines internationalen Gremiums zur Bestandsaufnahme der Artenvielfalt.” Bisherige Pläne scheiterten an der konkreten Finanzierung dieses Projekts. “Die Vertreter der reichen Industriestaaten sind gefordert, armen Ländern auch finanziell beim Erhalt der Artenvielfalt zu helfen.”, fasst sie die konkreten Erwartungen an die Konferenz in Nagoya zusammen.

 

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