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12.06.2010

„Countdown to 2015“: Mehr politische Entschlossenheit für MDG 4 und MDG 5 nötig

Die Initiative „Countdown to 2015: Tracking Progress in Maternal, Newborn and Child Survival“ fordert ein verstärktes Vorgehen im Kampf gegen die weltweite Kinder- und Müttersterblichkeit. In ihrem aktuellen Bericht "2010 Countdown Decade Report" beleuchtet die Initiative die Fortschritte bei der Gesundheit von Kindern und Müttern (MDG 4 und MDG 5) und macht deutlich: Noch immer sterben jährlich 8,8 Millionen Kinder vor ihrem fünften Lebensjahr, mehr als zwei Millionen Mütter kommen bei der Entbindung ihres Kindes aufgrund von Komplikationen um. Doch der Report, der diese Woche auf der Weltkonferenz zur Müttergesundheit in Washington veröffentlicht wurde, zeigt auch: MDG 4 und MDG 5 sind nach wie vor nicht zu ehrgeizig. Um die Ziele fristgerecht bis 2015 zu erreichen, bedarf es jedoch mehr politische Entschlossenheit und höhere finanzielle Investitionen.


Countdown wertet im Zwei-Jahres-Takt die Daten der 68 Länder aus, in denen 95 Prozent der Mütter- und Kindersterblichkeit auftreten. Mit ihrem Bericht liefert die Initiative auf diesem Weg ein umfassendes Bild über die Fortschritte, Hindernisse und Herausforderungen bei der bisherigen Umsetzung von MDG 4 und MDG 5. Besonders dramatisch ist die Lage laut der Initiative nach wie vor in vielen Ländern Subsahara-Afrikas, wo sich zwei Drittel der betroffenen Staaten befinden. In zwölf Ländern – darunter der Krisenstaat Simbabwe, aber auch das Schwellenland Südafrika – ist die Zahl der gestorbenen Kinder und Mütter seit 1990 sogar gestiegen.

Zu den wichtigsten Todesursachen von Kindern gehören laut Countdown nach wie vor vermeidbare Krankheiten wie Durchfall und Lungenentzündungen. Zudem schwächen Hunger und Unternährung viele Kinder so stark, dass sie die ersten vier Wochen ihres Lebens nicht überleben. In vielen der 68 ausgewählten Länder sterben pro 1.000 Lebendgeburten zudem mehr als 40 Kinder, bevor sie fünf Jahre alt werden. Doch der Bericht zeigt auch: Weltweit hat sich die Kindersterblichkeit in den letzten 20 Jahren um fast ein Drittel verringert und ist damit im Vergleich zu 1990 um fast 30 Prozent gesunken. 17 der 68 untersuchten Länder konnten die Kindersterblichkeit sogar um die Hälfte verringern. Besonders in Burkina Faso, Pakistan und Ruanda führten gezielte Investitionen in die Gesundheitssysteme, die Aufstockung des medizinischen Fachpersonals und umfassende Impfkampagnen im ganzen Land zu großen Fortschritten.

Auch der MDG-Report von 2009 bilanziert, dass heute gegenüber 1995 in vielen Entwicklungsregionen mehr medizinisches Fachpersonal bereit steht, um beispielswiese bei der Entbindung eines Kindes zu helfen. „Äthiopien ist ein positives Beispiel dafür, wie Länder unter einer guten Regierungsführung, wichtige Fortschritte im Bereich der Müttergesundheit erreichen können“, erklärt Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne, „so hat sich die Regierung in Äthiopien dafür eingesetzt, dass in den vergangenen drei Jahren mehr als 30.000 Personen im medizinischen Bereich ausgebildet wurden.“ Laut Countdown gibt es in 53 der 68 Länder jedoch noch immer einen akuten Mangel an Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen. Besonders in Subsahara-Afrika müssen Frauen bei der Geburt ihres Kindes um ihr Leben bangen. 

„Es ist höchste Zeit, dass Deutschland verstärkt dazu beiträgt, die Gesundheit von Müttern in Entwicklungsländern deutlich zu verbessern“, betont auch die Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, Renate Bähr. Für Frauen in Entwicklungsländern sei die Geburt noch immer lebensgefährlich. Neben dem Mangel an Gesundheitseinrichtungen und qualifiziertem Personal, führen laut Countdown schlechte hygienische Bedingungen zu lebensbedrohlichen Infektionen. Zudem verdeutlicht der Bericht, dass der ungenügende Zugang zu Leistungen der Familienplanung und der Druck einer Frau möglichst viele Kinder zu gebären, nach wie vor die Gesundheit der Mütter gefährdet.

Als Positivbeispiel nennt Countdown die Initiativen der bangladeschischen Regierung: Durch eine vorbildliche Aufklärungs- und Familienplanungsarbeit sowie durch spezielle Fördermaßnahmen von Frauen – wie die Vergabe von Mikrokrediten – hat Bangladesch es in den letzten zehn Jahren geschafft, geschlechtsspezifische Ungleichheiten nach und nach abzubauen und damit die Müttergesundheit zu erhöhen.

Der momentane Rückstand einzelner Länder bei der Umsetzung von MDG 4 und MDG 5 existiert laut Countdown nicht deshalb, weil die beiden Millenniumsziele zu ehrgeizig seien oder die Zeit zu knapp werde. Im Gegenteil: Die Initiative betont in ihrem Bericht, dass der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) für Mütter, Neugeborene und Kinder zwischen 2003 und 2007 zwar gestiegen sei, jedoch weiterhin weit unter dem eigentlichen Bedarf liege. Im Jahr 2007 wurden beispielsweise nur 31 Prozent der gesamten ODA für die Umsetzung der beiden Millenniumsziele eingesetzt. Zudem müsste es laut Countdown einen kohärenten Rechtsrahmen für die Ausgabe der Gelder geben. Denn nur so könne sichergestellt werden, dass die nationalen Bedürfnisse der Entwicklungsländer auch wirklich berücksichtigt und MDG 4 und MDG 5 damit fristgerecht umgesetzt werden.

Indes reagieren die G8-Staaten auf die schleppende Umsetzung von MDG 4 und
MDG 5: Die Kinder- und Müttersterblichkeit wird im Bereich Entwicklung ein Schwerpunktthema sein, wenn sich die acht größten Industrienationen vom 25. bis 27. Juni in Kanada treffen. Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel begrüßt den kanadischen Vorschlag, die Verbesserung der Mütter- und Kindergesundheit zu einem zentralen Thema des diesjährigen G8-Gipfels zu machen. „Wenn in Afrika immer noch jede 26. Frau an den Folgen von Schwangerschaft oder Geburt stirbt, dann verdeutlicht das die Dringlichkeit einer G8-Initiative.“ Deutschland setzte sich in diesem Zusammenhang für einen ganzheitlichen Ansatz ein, der die Stärkung der Gesundheitssysteme genauso umfassen wird wie die sexuelle und reproduktive Gesundheit.


Relevante Informationen:
  • Den "2010 Countdown Decade Report" in voller Länge gibt hier
  • Eine Zusammenfassung des Reports gibt es hier









mehr unter:www.un-kampagne.de