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11.05.2009

Transparenzinitiative: Streit um Veröffentlichung von Agrarhilfen

Seit dem 1. Mai 2009 gilt in der EU: Alle Mitgliedsstaaten müssen die Empfänger von Agrarsubventionen im Internet veröffentlichen. Politische Entscheidungsprozesse sollen so transparenter und die Verwendung der Gelder für jeden EU-Bürger nachvollziehbarer gestaltet werden. Deutschland weigert sich, als einziges von 27 EU-Mitgliedsländern, die Namen der Empfänger sowie den Betrag und die Verwendung der Agrarsubventionen ins Netz zu stellen.


Würde die Veröffentlichung der Empfänger von Agrarsubventionen am liebsten verhindern: Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Quelle: www.ilse-aigner.de

 ?Der Bürger hat ein Recht darauf zu erfahren, wohin mehr als fünf Milliarden Euro deutsche Steuergelder fließen?, erklärt Marita Wiggerthale, Handelsreferentin der Nichtregierungsorganisation Oxfam. Denn obwohl die Frist für die Veröffentlichung der Empfänger von Agrarsubventionen seit mehr als einer Woche abgelaufen ist, weigert sich Deutschland noch immer, dem Transparenzgesetz von 2006 nachzukommen.

Die Verwaltungsgerichte in Schleswig Holstein und Hessen hatten die Veröffentlichung der Empfänger zunächst mit Hinweis auf den Datenschutz gestoppt. Doch ?alle anderen Bundesländer und die Bundesregierung hätten die Agrarsubventionen nach wie vor fristgerecht veröffentlichen können?, so Wiggerthale. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner empfahl den deutschen Bundesländern jedoch, ihre Subventionsempfänger weiterhin geheim zu halten.

Die EU-Kommission hat Deutschland mittlerweile eine Zweiwochenfrist gesetzt, um die Daten zu veröffentlichen. Im schlimmsten Fall könnte die Bundesregierung von der Kommission per Klage gezwungen werden, das Transparenzgesetz von 2006 umzusetzen. Auch Geldstrafen sind möglich. ?Dieser Vorgang ist ein Trauerspiel?,  erklärt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. ?In dem Land mit den höchsten EU-Beitragszahlungen herrscht weiterhin Verdunkelungsgefahr. Ausgerechnet hier wird verhindert, dass die Bürger erfahren, wohin die Gelder fließen.? Nun drohe auch noch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren mit weiteren Kosten für den Steuerzahler.

Laut Greenpeace kommen nicht nur Landwirte in den Genuss von Agrargeldern, sondern auch viele branchenfremde Unternehmen - von der Energiebranche über Fluggesellschaften und Kreuzfahrtunternehmen bis hin zu Zigarettenherstellern. Auch Wiggerthale kritisiert: ?Von den Agrarbeihilfen profitieren vor allem die großen Lebensmittelkonzerne. So hat der Nahrungsmittelgigant Nestlé 2005 europaweit 48 Millionen Euro erhalten.?

Dr. Renee Ernst von der UN-Millenniumkampagne fordert die Bundesregierung ebenfalls auf, die Empfänger von Agrarsubventionen sofort zu veröffentlichen: ?Die Verweigerungshaltung lässt vermuten, dass es der Regierung unangenehm ist, den Steuerzahler darüber zu informieren, wohin seine Steuergelder fließen. Gerade mit Blick auf knappe Kassen und negativen Auswirkungen der Agrarsubventionen auf Entwicklungsländer, ist die Regierung ihren Bürgern rechenschaftpflichtig, in welche Taschen die Gelder fliessen. Je mehr Transparenz über die Empfänger und die Verwendung der Subventionen besteht, desto besser kann sichergestellt werden, dass die Subventionen sinnvoll eingesetzt werden.?

 

 

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mehr unter:www.un-kampagne.de