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27.10.2009

Koalitionsvertrag: Sind die Millenniumsziele auch unter Schwarz-Gelb noch aktuell?

Es ist vollbracht: die Parteivorsitzenden von CDU/CSU und FDP haben den neuen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Rund vier Wochen nach der Bundestagswahl steht damit der Fahrplan für die neue Legislaturperiode. Zwar soll laut dem Vertrag eine ?nachhaltige Bekämpfung von Armut und Strukturdefiziten im Sinne der Millenniumserklärung? erfolgen, doch bis wann und mit welchen Mitteln die neue Bundesregierung die Umsetzung der UN-Millenniumsziele vorantreiben will, bleibt offen.


Quelle: steffen kugler, bundesregierung.de

Immerhin gibt es ein Bekenntnis zu den Millenniumszielen, wenn auch keines mit hoher Verbindlichkeit: Die neue Koalition will im Rahmen ihrer zukünftigen Entwicklungszusammenarbeit "die nachhaltige Bekämpfung von Armut und Strukturdefiziten im Sinne der Millenniumserklärung" in den Mittelpunkt stellen, doch einen konkreten Zeithorizont für ihr Vorhaben nennt sie nicht. So will sie laut Koalitionsvertrag trotz der Krise ihr Versprechen einhalten, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe schrittweise bereit zu stellen, lässt jedoch die Zeitziele des ODA-Stufenplans der EU außer Acht und verweist eher allgemein auf die Einhaltung "internationaler Verpflichtungen".

"Es ist lediglich die Rede von der 0,7%-Quote an die sich Deutschland annähern will; dies wollen die Bundesrepublik und die anderen Geberländer jedoch schon seit der UN-Resolution von 1970", erklärt die Beauftragte der UN-Millenniumkampagne, Dr. Renee Ernst. Das Etappenziel, bis 2010 0,51 Prozent des BNEs für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, würde in dem Vertrag nicht konkret erwähnt werden. Ohne massive finanzielle Anhebungen könne Deutschland sein ODA-Versprechen bis 2010 jedoch gar nicht mehr einhalten. Es sei zudem "dringlicher denn je, dass die Ärmsten der Armen massive finanzielle Unterstützung erhalten, um die Auswirkungen der globalen Krise ? die sie nicht zu verantworten haben - abzufedern. Nach Angaben der FAO leidet jeder sechste Mensch Hunger, dieser katastrophalen Entwicklung muss die neue Regierung schnellst möglich entgegen steuern."

Positiv erscheint der Koalitionsvertrag zunächst bezüglich der vorgesehenen Streichung der wettbewerbsverzerrenden Agrarsubventionen, welche im Rahmen der WTO-Verhandlungen vorgenommen werden soll. "Es ist zu begrüßen, dass Schwarz-Gelb die Agrarsubventionen abschaffen will" erklärt Ernst, "doch sollte dies erst im Rahmen der WTO-Vereinbarung im Jahr 2013 erfolgen, könnte das bis dahin hunderte Kleinbauern in den Ruin treiben. Wir fordern deswegen eine sofortige Beendigung der europäischen Dumpingpolitik." Erfreulich sei jedoch das Versprechen der neuen Koalition, sich für einen schnellen und entwicklungsorientierten Abschluss der Doha-Runde einzusetzen. Ebenfalls begrüßenswert ist die Einführung eines internationalen Insolvenzverfahrens im Rahmen der Entschuldung von Entwicklungsländern.

Wie angekündigt, will die neue Koalition die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern stärken, macht aber keinen Hehl daraus, die eigenen wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Dies verdeutlicht ein Passus aus dem Kapitel "Außenwirtschaft" des KOA-Vertrags: "Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit müssen besser aufeinander aufbauen und optimal ineinander greifen. Entwicklungspolitische Entscheidungen müssen die Interessen der deutschen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, angemessen berücksichtigen." Zu den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zählt auch ? so der KOA-Vertrag - "der Zugang zu Rohstoffen und deren verlässliche Verfügbarkeit". Damit dürften rohstoffreiche Entwicklungsländer verstärkt ins Visier der Außenwirtschafts- und der Entwicklungspolitik rücken.

"Es wäre ein Armutszeugnis der neuen Regierung, sollte sich ihr entwicklungspolitisches Bemühen insbesondere auf rohstoffreiche Entwicklungsländer konzentrieren. Schon Kofi Annan, der ehemalige UN-Generalsekretär, appellierte immer wieder an die Geberregierungen ihre Entwicklungshilfeleistungen von geostrategischen Interessen zu trennen.", erklärt Ernst. Wenn über eine Milliarde Menschen an Hunger litten, müsse diese humanitäre Katastrophe vorrangig bekämpft werden.


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