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20.04.2009

Stiglitz-Kommission: Warnung vor neuer Verschuldung der Entwicklungsländer

Drei Wochen ist es her, dass die G20-Staaten den Entwicklungsländern lebensnotwendige Hilfe zusicherten: Die stärksten Wirtschaftsnationen der Welt versprachen den Ländern im Süden auf ihrem Gipfeltreffen Anfang April in London 850 Milliarden US-Dollar Soforthilfe. Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank wird am kommenden Wochenende nun darüber beraten, wie die neuen Mittel sinnvoll eingesetzt werden können. Somit steht auch die Vergabe neuer Kredite an die Entwicklungsländer im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens. Die UN-Kommission zur Reform der internationalen Geld- und Finanzmärkte warnt anlässlich der Beratungen vor einer neuen Verschuldungsspirale der Entwicklungsländer.


Joseph Stiglitz setzt sich für die Armen ein. Quelle: www.columbia.edu

?Wollen wir nicht in der nächsten Schuldenkrise enden, muss ein Teil - vielleicht sogar ein Großteil - der finanziellen Zusagen der G20-Staaten in Form von Zuschüssen fließen?, erklärt Joseph Stiglitz, Vorsitzender der UN-Kommission zur Reform der internationalen Geld- und Finanzmärkte. Hilfen des IWFs seien in der Vergangenheit oft an umfassende Bedingungen gekoppelt gewesen, von denen einige den betreffenden Ländern harte geld- und fiskalpolitische Strategien aufgezwungen hätten und ?ihnen somit eine finanzielle Deregulierung auferlegten.?

Die Deregulierung ihrer nationalen Wirtschaft setzte die Produzenten vieler Entwicklungsländer jahrelang einem internationalen Wettbewerb aus, dem sie nicht standhalten konnten. Lediglich die transnationalen Konzerne und Finanzierungsgesellschaften profitierten? die Länder des Südens blieben oftmals auf der Strecke. Doch eine Umstrukturierung der eigenen Wirtschaft, um eine wettbewerbsstandhaltende Position auf dem internationalen Markt zu erlangen, war den Entwicklungsländern aufgrund ihrer knappen Ressourcen nicht möglich. Für Stiglitz ist die Deregulierung somit ?eine Ursache der momentanen Krise.?

Zu den Kernvorschlägen der UN-Kommission gehört deswegen auch die Einrichtung von drei neuen internationalen Institutionen: ?Es ist unverzichtbar, dass die Hilfe über eine Vielzahl von Kanälen erfolgt, die den IWF ergänzen oder sogar ersetzen?, erklärt Stiglitz. So könne man neue globale Kreditfazilitäten einrichten, die unabhängig vom Internationalen Währungsfonds gewährt werden. Außerdem fordert die UN-Kommission einen Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der Vereinten Nationen sowie ein neues globales Währungsreservesystem.

Auch Dr. Renee Ernst von der UN-Millenniumkampagne fordert, dass die versprochenen Gelder den Entwicklungsländern nicht als teure Kredite zur Verfügung gestellt werden. ?Eine zusätzliche Überschuldung der armen Länder muss verhindert werden. Mit neuen Krediten würde lediglich die Abhängigkeit der Entwicklungsländer von den Geberländern verschärft, den Ländern jedoch nicht langfristig geholfen werden.?

Eine der wichtigeren mittelfristigen Initiativen, auf die die UN-Kommission außerdem drängt, ist die Schaffung eines globalen Koordinierungsrats für Wirtschaftsfragen. Dieser soll nicht nur die Wirtschaftspolitik koordinieren, sondern auch drohende Probleme und institutionelle Lücken bewerten. ?Verschärft sich der Abschwung, könnten eine Reihe von Ländern vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. Wir haben jedoch noch immer kein angemessenes Rahmenwerk, um mit solchen Problemen umzugehen?, erklärt Sitglitz.


Relevante Informationen:







mehr unter:www.un-kampagne.de