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12.06.2010

AidWatch-Bericht 2010: EU-Mitgliedsstaaten gefährden Umsetzung der Millenniumsziele

Wenn kommende Woche die europäischen Regierungschefs in Brüssel tagen, um einen konkreten Fahrplan zur Erreichung der Millenniumentwicklungsziele (MDGs) zu beschließen, werden sie nicht umhin kommen die Ergebnisse des AidWatch-Berichts 2010 zu berücksichtigen. Denn der Report, der gestern von dem europäischen NRO-Dachverband CONCORD veröffentlicht wurde, macht deutlich: Die EU-Mitgliedsstaaten werden ihr Versprechen, die Ausgaben für Entwicklungshilfe bis 2010 auf 0,56 Prozent ihres Bruttonationalproduktes (BNE) anzuheben, nicht einhalten. Zudem tricksen die europäischen Staaten wie schon im vergangenen Jahr bei den Angaben zu ihrer Entwicklungshilfe.


Laut dem AidWatch-Bericht 2010 stagnieren die öffentlichen Ausgaben für die Entwicklungshilfe in den meisten europäischen Ländern. Insgesamt sind sie von 50 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 48 Milliarden 2009 gefallen. Auch für dieses Jahr erwartet CONCORD, dass die europäischen Regierungen ihre für 2010 zugesagten Entwicklungsziele nicht erreichen werden. So wird die EU in diesem Jahr voraussichtlich nicht 0,56 sondern maximal 0,46 Prozent ihres BNE für Entwicklungshilfe ausgeben. Dafür verantwortlich sind insbesondere die ausbleibenden Zahlungen aus Italien (4,5 Milliarden Euro), Deutschland (2,6 Milliarden Euro) und Frankreich (800.000 Millionen Euro).

„Nach diesen Zahlen wird es sehr schwierig für die EU werden, bis 2015 die versprochenen 0,7 Prozent des BNE zur Verfügung zu stellen“, erklärt Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne, „dabei wird das Geld angesichts über einer Milliarde hungernder Menschen mehr denn je benötigt.“ Zudem sei es wichtig, dass die EU auf dem Weltarmutsgipfel im September in New York eine Vorbildrolle einnehme. „Die EU muss sich in New York für einen MDG-Aktionsplan einsetzen, der wirkungsvoll ist und verbindliche Fristen umfasst. Die europäischen Staaten verlieren jedoch ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie sich selber nicht an ihre Versprechen halten und die Ärmsten im Stich lassen“, erklärt Ernst. 

Lediglich 13 der 27 Mitgliedsstaaten werden nach Angaben des Berichts in diesem Jahr ihr ODA-Versprechen erfüllen. Somit ist mehr als die Hälfte der Staaten weit davon entfernt, 0,51 Prozent ihres BNE für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Auch Deutschland wird in diesem Jahr sein Versprechen brechen: Die Bundesrepublik wird 2010 statt 0,51 Prozent lediglich 0,40 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Entwicklungszusammenarbeit ausgeben.

Dass die Wirtschaftskrise nicht als Ausrede gelten kann, die Hilfsmittel-Versprechen gegenüber den armen Ländern zu brechen, zeigen indes andere Länder wie die Niederlande und Großbritannien: Obwohl die beiden Staaten ebenfalls hart von der Wirtschaftskrise getroffen wurden, haben sie ihren EZ-Etat dieses Jahr gesteigert und werden das 0,51 Prozent-Ziel somit übertreffen. Während die Niederlande 0,82 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Armutsbekämpfung ausgibt, wird die britische Regierung 0,52 Prozent zur Verfügung stellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte Anfang dieser Woche in Berlin, dass die Bundesregierung im Zuge ihres radikalen Sparprogramms zwar den Entwicklungsetat ausklammere, jedoch keine zusätzlichen Gelder zur Verfügung stellen wird. „Um die 0,7 Prozent-Quote bis 2015 zu erreichen muss der EZ-Etat jedes Jahr mindestens um zwei Milliarde Euro erhöht werden“, erklärt Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne, „wenn unsere Kanzlerin diese Gelder schon jetzt streicht, wird Deutschland sein Versprechen brechen und damit die Ärmsten der Armen im Stich lassen!“ Zudem sei es natürlich wichtig die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit stetig zu verbessern. „Ohne ausreichend finanzielle Mittel ist jedoch keine wirksame Hilfe, wie beispielsweise der dringend notwendige Ausbau des Gesundheits- und Bildungssystems, möglich“, so Ernst.

Der AidWatch-Bericht weist zudem nach, dass die Zahlen der EU bezüglich staatlicher Entwicklungshilfe künstlich aufgebläht sind. Denn eine Aufschlüsselung der Daten im Rahmen des AidWatch-Berichts 2010 zeigt, dass die Mitgliedsstaaten wie schon im vergangenen Jahr Gelder in ihre Entwicklungszahlungen mit einbeziehen, die niemals in den Ländern des Südens angekommen sind. So wurden 2009 insgesamt 3,8 Milliarden Euro europäischer Entwicklungshilfe für Schuldenerlasse (1,4 Milliarden Euro), ausländische Studierende (1,5 Milliarden) sowie fast eine Milliarde Euro für Flüchtlinge ausgegeben.

„Der Bericht kritisiert zu Recht, dass die Verteilung der Gelder seitens der Geberländer bis heute zu undurchsichtig ist“, erklärt Ernst, „Neben einem verbindlichen Zeitplan, der für jedes Geberland individuell aufgestellt wird, muss es endlich mehr Transparenz geben, damit die Hilfe wirksam eingesetzt werden.“ Zudem zeige der Bericht zu Recht auf, dass innovative Finanzinstrumente wie die Finanztransaktionssteuer endlich umgesetzt werden müssten. „Sollten die europäischen Mitgliedsstaaten nicht endlich mehr Einsatz zeigen, ist die Umsetzung der Millenniumsziele ernsthaft in Gefahr“, bilanziert Ernst.


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