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25.01.2011

Grüne Woche - Agrarminister belassen es bei Forderungen gegen Nahrungsspekulation

Am Rande der bis zum 30. Januar laufenden Grünen Woche kamen Agrarminister aus 49 Ländern zum Internationalen Agrargipfel in Berlin zusammen. Hauptthema waren die weltweiten Preisanstiege für Nahrungsmittel und die Sicherung der Welternährung. Die Teilnehmer sprachen sich gegen Preisspekulation und Missbrauch im Agrarbereich aus, ohne jedoch konkrete Maßnahmen einzuleiten.


„Der Kampf gegen den Hunger steht ganz oben auf der Agenda der Weltgemeinschaft. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung kann es gelingen, den Hunger in der Welt einzudämmen und den Millenniumszielen ein Stück näher zu kommen“, sagte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner beim dritten Internationalen Agrargipfel in Berlin. 49 Agrarminister aus der ganzen Welt waren zusammengekommen, um Fragen der Ernährungssicherheit, des Welthandels und seinen Auswirkungen zu erörtern. Die deutsche Agrarministerin sprach sich dafür aus, im Kampf gegen Hunger ländliche Räume stärker zu unterstützen, da hier die Wirksamkeit der Armutsbekämpfung besonders hoch sei.

Die Auswirkungen auf die Millenniumsziele standen auch bei den Beratungen über Agrarspekulation im Zentrum der Debatte. Die wachsende Nachfrage im Nahrungsmittelbereich steht einem knapperen Angebot durch weniger Ackerfläche und Wetterextremen gegenüber. Die Spekulation an Terminbörsen befeuert die verheerenden Preissteigerungen von Agrarprodukten. Auch Hedgefonds beteiligen sich an den Wetten auf steigende Agrarpreise. „Schwankungen der Preise gehören zum Markt. Allerdings sehe ich die Gefahr, dass durch reine Spekulationen erheblicher Einfluss auf die Preise genommen wird. Hier sind wir gefordert", sagte Bundesministerin Aigner. "Wir müssen auf diesem Feld dringend handeln: Die Nahrungsmittelmärkte dürfen nicht zum Objekt von Zockern werden. Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe sind eben kein Produkt wie jedes andere, hier geht es um die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen.“

Dr. Renée Ernst, Leiterin der deutschen UN-Millenniumkampagne, begrüßte die Forderungen der Agrarminister. „Im Kampf gegen Hunger brauchen wir ein entschiedenes Vorgehen gegen Spekulation im Nahrungsmittelbereich. Die rasanten Preissteigerungen sind rational nicht zu erklären sondern zum großen Teil marktverzerrender Spekulation geschuldet.“ Eine Eindämmung dieser Spekulation würde den Ärmsten der Welt direkt helfen, da sie unter hohen Nahrungsmittelpreisen am stärksten litten. Gefragt seien konkrete Maßnahmen auf breiter Basis, sagte Ernst.

Das katholische Hilfswerk Misereor warnte vor den Folgen der Preissteigerung und verwies auch auf die Erfahrungen während der Hungerkrise 2008. „Die Proteste in Tunesien und Algerien, zu denen unter anderem gestiegene Lebensmittelpreise beigetragen hatten, könnten die Vorboten einer neuen Welle von Hungeraufständen sein“, sagte Martin Bröckelmann-Simon, Geschäftsführer von Misereor. „Drei Jahre sind seit der letzten akuten Preiskrise vergangen. Es ist unverantwortlich, dass die EU, im Gegensatz zu den USA, immer noch keinerlei Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulationen beschlossen hat.“ Die Agrarexpertin Marita Wiggerthale von Oxfam sagte: "Wenn Spekulanten auf steigende Preise wetten, setzen sie Menschenleben aufs Spiel. Mehr als 100 Millionen Menschen mussten im Jahr 2008 hungern, weil Spekulanten den Preisanstieg anheizten und auf hohe Gewinne setzten.“ Auch Oxfam forderte eine stärkere Regulierung, um den Preissteigerungen durch Agrarspekulation entgegen zu wirken.

Zwar appellieren die Agrarminister im Abschlussdokument des Internationalen Agrargipfels an die Regierungschefs der G20, die Transparenz des Agrarmarktes zu erhöhen und gegen Spekulation und Missbrauch vorzugehen. Auch Frankreich, mit derzeitigem Vorsitz der G8 und G20, misst dem Thema große Bedeutung bei. Konkrete Maßnahmen sind aber bis zum G8 Gipfel im Mai oder zum G20 Gipfel im November 2011 unwahrscheinlich. Die Chance, bereits jetzt ein konkretes Maßnahmenpaket zu verabschieden, wurde beim Berliner Gipfel nicht wahrgenommen.

 

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